Das EU ETS bedarf einer schnellen und wirksamen Überarbeitung, um die größeren europäischen Klimaambitionen effektiv zu unterstützen

15 Juni 2021, 12:50

Gemeinsamer Aufruf der unterzeichnenden Unternehmen an die zuständigen Kommissar*innen der Europäischen Kommission.

Sunny fields
1. Das EU-ETS spielt eine Schlüsselrolle, aber alle Sektoren müssen gemeinsam dazu beitragen

Wir, die unterzeichnenden Unternehmen, haben das ETS (EU-Emissionshandelssystem) als Hauptinstrument der EU-Klimapolitik unterstützt. Es gilt EU-weit, ist marktorientiert und technologieoffen. Somit wird der effektivste Technologiemix belohnt, um die Emissionen mit der erforderlichen Geschwindigkeit zu senken. Es hat seinen Erfolg bei der Reduzierung von Emissionen unter Beweis gestellt, ohne die Bezahlbarkeit oder Sicherheit der Stromversorgung zu gefährden. Bis 2019 sanken die ETS-Emissionen Emissionen im Vergleich zu 2005 um 43 %, verglichen mit 12 % in den Nicht-ETS-Sektoren, die unter der Klimaschutzverordnung - auch Zielverteilungsverordnung oder Effort-Sharing-Regulation, ESR - von 2018 standen.

Vor dem Hintergrund des verschärften Klimaziels 2030 muss die EU-Kommission nun einen gangbaren Weg für eine faire Energiewende festlegen. Die gesellschaftliche Akzeptanz ist in diesem Zusammenhang entscheidend und erfordert eine gleichmäßigere Verteilung der Dekarbonisierung über alle Sektoren. Wir glauben, dass dies durch eine faire und kosteneffiziente Aufteilung der Anstrengungen auf die drei wichtigsten Regulierungsinstrumente (ETS, ESR, LULUCF) erreicht werden kann. Dazu zählen die schrittweise Einführung von CO2-Preisen in allen Sektoren, möglicherweise zunächst durch separate CO2-Preissysteme in Kombination mit bestehenden Regulierungsinstrumenten in diesen Sektoren und später durch die Verknüpfung mit dem bestehenden EU ETS sowie durch die Konzentration auf Kosteneffizienz bei gleichzeitiger Abmilderung der sozialen Auswirkungen für gefährdete Teile der Gesellschaft. Die direkte Elektrifizierung von Verkehr, Gebäuden und Industrie sowie die indirekte Elektrifizierung von schwer zugänglichen Sektoren über Wasserstoff und E-Treibstoffe spielen eine sehr wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung dieser Sektoren. Diese Art der Sektorkopplung erhöht auch die Kosten- und Energieeffizienz und sollte durch die Aufteilung der gesamten Emissionsminderungsbemühungen der EU zwischen ETS und ESTS verbessert werden.

2. Ein höherer LRF muss ab 2023 wirksam werden

Der Lineare Reduktionsfaktor (LRF) ist der wichtigste Gestaltungsparameter, um das EU ETS an die neuen ambitionierten Klimaziele der EU für 2030 und 2050 anzupassen. Der LRF definiert das Tempo für die jährliche Reduktion des Cap-Faktors und sorgt damit für langfristige Vorhersehbarkeit und gibt Unternehmen Anreize, in den Klimaschutz zu investieren.

Ein effizienter Cap-Reduktionspfad bis 2030 sollte die jüngsten Verbesserungen der CO2-Emissionsintensität, die zukünftigen CO2-Vermeidungskosten sowie die Auswirkungen der anderen EU-Ziele für 2030 und sich überschneidende nationale Regeln in Betracht ziehen. Unvorhergesehene Entwicklungen bei diesen Parametern können erhebliche Veränderungen in der Nachfrage nach ETS-Zertifikaten verursachen und zu einem Überangebot und hoher Preisvolatilität führen. Wir glauben auch, dass eine behutsame und vorausschauende Reduktion der Obergrenze die größte Stabilität und einen kosteneffizienten Dekarbonisierungspfad bietet. Daher muss ein höherer LRF ab 2023 oder spätestens 2024 in Kraft treten. Je später der revidierte LRF eingeführt wird, desto höher wird er sein müssen, um das Erreichen der Ziele zu gewährleisten. Durch eine frühzeitige Umsetzung der ETS-Reformen können die politischen Entscheidungsträger mehr Marktsicherheit schaffen und eine unverhältnismäßig große Last auf die letzten Jahre des Jahrzehnts vermeiden.

3. Eine strengere Marktstabilitätsreserve (MSR) ist erforderlich, um die künftige Marktstabilität zu gewährleisten

Aus unserer Sicht besteht die Hauptaufgabe der MSR darin, das ETS bei Bedarf zu stabilisieren. Obwohl die MSR erst in 2019 eigeführt wurde, hat sie sich bei der Stabilisierung der Preisentwicklung im ETS als sehr effizient erwiesen. Das Gute an der MSR ist, dass sie sowohl Situationen mit zu hohen als auch zu niedrigen Preisen entgegenwirken kann, während sie nur dann Anpassungen im ETS-Angebot vornimmt, wenn dies tatsächlich und objektiv erforderlich ist.

Wir glauben, dass ein starker marktstabilisierender Mechanismus auch nach 2023 wichtig ist. Die vergangenen 10 Jahre haben das Risiko externer Schocks (Finanzkrise, Pandemie) und deren Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft und erhöhte Preisvolatilität im ETS verdeutlicht. Dies kann jederzeit wieder passieren. Das ETS sollte dann nicht an Wirksamkeit verlieren. Die Auswirkungen verschiedener sich überschneidender politischer Maßnahmen, insbesondere auf nationaler Ebene, lassen sich bei der Festlegung der Obergrenze nur schwer in vollem Umfang berücksichtigen. Eine Neufestsetzung der ETS-Obergrenze zusätzlich zur Festlegung eines höheren LRF kann dazu beitragen, das aktuelle Überangebot von Zertifikaten zu reduzieren, würde aber nicht vor einem zukünftigen Überangebot schützen. Eine starke MSR, die diese Effekte abmildern kann, ist daher erforderlich.

Daher muss die "Aufnahmerate" des MSR bei mindestens 24 % gehalten werden. Darüber hinaus sollte der derzeitige Korridor der Aktivierungsschwelle von 400-833 Millionen Tonnen CO2 gesenkt werden, um den geringeren Absicherungsbedarf aufgrund der zunehmenden Dekarbonisierung zu reflektieren, insbesondere im Stromsektor.

Schließlich sollte die automatische Ungültigkeitsregel in der aktuellen MSR beibehalten werden, indem die in der MSR gehaltenen Zertifikate auf das Auktionsvolumen des Vorjahres begrenzt werden. Der Markt braucht die Gewissheit, dass diese überschüssigen Mengen an ETS-Zertifikaten für ungültig erklärt werden und nicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf den Markt gelangen können. In jedem Fall wird eine bestimmte Menge an EUAs (European Union Allowance) in der MSR aufbewahrt, um ein gewisses Angebot wiederherzustellen, falls die Knappheit zu groß ausfällt.

Unterzeichner*innen des gemeinsamen Aufrufs